Von arkonidischem Brauchtum und anderen Menschlichkeiten
Ernestine am BiFi-Berg vom 25. bis 27. Juli 2003 |
Una festa sui prati - Ein Fest im Garten Una bella compagnia - Eine schöne Gesellschaft Panini, vino un saco di risate - Brot, Wein und viel zu Lachen E luminosi sguardi - Und leuchtende Blicke Di ragazze innamorate - Der verliebten Leute |
Das Gartenfest, von dem Italiens Schlagerexport Adriano Celentano nur schmachtend singen kann, ist für Birgit Fischer ein alter, aber gern getragener Hut, den sie am letzten Juli-Wochenende bereits zum achten Mal aufsetzte. Für mich war es das erste Mal, dass ich Brauchtum frönen durfte. Den archaischen anmutenden Gefilden zu Füßen der Feste Otzberg haftet etwas Mystisches an. Die Bäume raunen von geheimnisvollen Ritualen, die Würmchen im lehmigen Boden jauchzen freudig, wenn Arkoniden & assoziierte Völkerscharen gehorsam dem Aufruf zum fröhlichen Stelldichein Folge leisten. Einige Wochen zuvor sortierte ich Lesestoff für die Clubbenefiz-Versteigerung. Ich war unsicher, was Gnade vor den Augen der Fangemeinde finden würde, weshalb ein paar weitere Kilo Feingeistiges, Videos und Schallplatten noch immer auf ihre neuen BesitzerInnen warten. Die gut gefüllte Kiste und ich harrten Renas Eintreffen, die wider Erwarten erst nachmittags aus Bonn wegkam. Zwar schuften wir beide für die gleiche Firma, aber jeder auf seiner Baustelle. Wir telefonieren und mailen gelegentlich, was ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen kann. Die Wiedersehensfreude war groß. Wir brachtenuns erst einmal gegenseitig auf den jeweils neuesten Stand. Reinheim liegt nur spuckweit weg, und das Gästehaus "Am Wembach", in dem BiFi uns netterweise als Mitglieder eines literarischen Kulturvereins avisiert hatte, war leicht zu finden. Wir klärten die redselige Hotelbesitzerin nicht darüber auf, dass mindestens einer der von ihr beherbergten Kulturgenossen gelegentlich unter megalomanen Schüben leidet und ihre kleine ländliche Idylle Gefahr läuft, dem Kristallimperium einverleibtzu werden. Als guter Bürger weiß man eine Massenpanik möglichst zu vermeiden. Außerdem hätten wir uns vielleicht noch ein anderes Hotel suchen müssen. Fünf Kilometer weiter lag denn auch schon die arkonidische Grenze, die wir trotz der Warnung "Achtung, freilaufende Oxtorner" am späten Nachmittag mindestens so mutig überschritten, wie weiland die Karthager den Ebro. Dankbar für das warme bis herzliche Willkommen meiner perryanischen Erstkontakte Norbert, KDL, Rüdiger, Frank und natürlich Birgit, fast durchweg Trophäen meiner zurückliegenden Expeditionen nach Schwanstetten, Sinzig und Garching, freute ich mich darauf, zahlreiche ACD-Foristas und LoC-Schreiber "alive" zu begutachten. Matthias "Orbanaschol" P.offenbarte sich mit einem freundlichen Händedruck, Janis M. hatte sein Zelt bereits aufgeschlagen und Matthias Z. aus Kiel sprach mir aus der Seele, als er den Mangel an erfrischender Briese in Hessisch-Toskana und Badisch-Afrika beklagte. Mein altes Leiden, Dauerheimweh nach Lästerland, meldete sich mit beunruhigendem Pochen, konnte sich angesichts so vieler neuer Eindrücke aber glücklicherweise nicht lange halten. |
![]() Sicher kriege ich nicht mehr alle Begegnungen zusammen Zu viele Namen und Gesichter auf einmal. Jörg D. sieht gar nicht nach Darklord aus, finde ich, und überhaupt ist er viel dünner, als es die Bilder auf seiner Homepage suggerieren. Allerdings wird die Affinität zu Störchen jetzt irgendwie glaubhaft. In Reinhard Z.'s Augen stand jenes beherrschte Temperament, das auch seine Zeilen in den Leserbriefen kennzeichnet. Man kann ihm guten Gewissens den Charme eines Cyrano de Bergerac attestieren, zumal er auch äußerlich etwas Ähnlichkeit mit dem berühmten Poeten und furchtlosen Fechter aufweist. Er hatte die lange Anreise aus Österreich auf sich genommen. Ich hoffe, dass seine Erwartungen sich erfüllten. Gero G. überraschte mich mit der Feststellung, ich sähe wie eine Taxifahrerin aus. Das werde ich mir merken. Vielleicht kann ich's noch mal gebrauchen. Der langjährigen Tradition folgend, huldigte die Herrenriege kurz nach Mitternacht masochistischen Knochenbrecherübungen, gemeinhin als Armdrücken bezeichnet. Jedes der zuvor unter nicht-notarieller Aufsicht ausgelosten Duelle wurde von drei Dutzend Papparazzi dokumentiert. OK, nicht ganz so viele, doch es waren reichlich Fotografiersüchtige, die jedes Muskelzucken, im fahlen Neonlicht glänzende Schweißperlen und die vor Anstrengung hervortretenden Halsschlagadern mit gnadenlosem Blitzlichtgewitter für die Nachwelt festhielten. Florian B., dessen Nickname "Flocky" mitnichten auf langhaarige Bettvorleger zurückzuführen ist, schlug sich am Tapfersten und hätte zumindest eine Trosturkunde verdient. Ein erneutes Obsiegen des letztjährigen Champions (und das Jahr davor, und das davor?) war dennoch nicht zu verhindern. Ungeachtet eiserner Coke-light-Diät verfügte Rüdiger noch über ausreichende Reserven, um im Endfight gegen King King, bürgerlich Werner W., zu bestehen. Petra K. kam ohne Kampf aufs Siegertreppchen. Sie war das einzige weibliche Wesen, das sich für den Wettkampf gemeldet hatte. Ich selbst bin zu dusslig gewesen, die ausgehängten Listen am Eingang überhaupt zubemerken. Später im Hotel bestaunte ich die ersten Päckchen der frisch erworbenen ClubCardEdition, ein neuer Coup des rührigen Kontakters. Ein konvenables Album habe ich bereits, in dunkler Vorahnung dieses Ereignisses 1995 erstanden. Stimmt, üblicherweise besitzt man zuerst Bilder und besorgt sich dann eine adäquate Aufbewahrung. Normal ist mir aber egal. Der nächste Morgen überraschte mit vielfältigem Frühstücksangebot des Landhotels und erstaunlich wachen ACDlern. Schnell was fürs Grillen eingekauft und schon ging's wieder gen Lengfeld. Kooperatives Intravenös-Heften war angesagt und freute sich reger Beteiligung Arbeitswilliger. Kurzfristige Aussetzer des hochbelasteten Klammertackers behob man mit routinierter Lässigkeit. Das Signieren der Intras dauerte länger. Es wurde erwägt, das erste fertige Heft mit feierlichem Akt der bekennend Intra-süchtigen Esther zu überreichen, nur glänzte dieselbe an diesem Morgen durch Abwesenheit. Bedauerlich. Stattdessen kamen alle substantiell greifbaren ACDler zum Zug und durften sich darüber hinaus auch noch am gleichzeitig verteilten Kalender 2004 erfreuen. So mancher rieb sich verwundert die Augen, vergeblich nach Schnee oder illuminierten Tannenbäumchen Ausschau haltend. Angesichts sommerlicher Temperaturen hatte der Kontakter beim Aushändigen auch auf die rote Zipfelmütze und den weißen Rauschebart verzichtet. Der Eifer des VEB Intra-Kombinat war mir verdächtig, bis mir einfiel, dass alle auf das Fußballspiel lauerten. Rechtzeitig zum Match brach die Sonne durch. Das Zuschauen und die lästerlichen ... Verzeihung, bewundernden Kommentare der (vorgeblich) Fußlahmen wurden mit einer Runde Gratis-Sonnenbank belohnt. Ich verweise erneutauf meine Unkenntnis bezüglich des Listeneintragsystems. Leider kann ich diese Ausrede nur für meinen ersten ACD-Con nutzen.Das Zusehen machte Freude und meine Erfahrungen mit Freizeitkickerturnieren bestätigten sich einmal mehr: Das vorsorglich zusammengestellte Erste-Hilfe-Equipment kam zum Einsatz. Peter H.-J. lehnte das freundlich Angebot ab, seine Platzwunde über dem Auge mit zwei auffälligen Stichen zu nähen. Diese Narbe hätte ihn für alle Zeiten sichtbar als ACD-Fußballveteranen ausgezeichnet, aber Peter ist über solche profanen Äußerlichkeiten natürlich erhaben. Ein bisschen zweifle ich an seiner Behauptung, er komme regelmäßig nur wegen des Balltretturniers. Das soll er selbst erklären. Später gab es noch ein aufgeschürftes Knie. Amputationen waren nicht notwendig. Den Sieg verbuchte das Team um Köln-Fan Achim Mehnert. Erste Diät-Folgeerscheinungen bei Rüdiger? Nein, wohl eher die gute Teamleistung und eine Portion Glück, denn bis zuletzt schien die Partie recht ausgeglichen. Danach stärkten sich alle vom Spielen und vom Zuschauen Erschöpften beim Grill-Mampf. Der körperlichen Ertüchtigung folgte geistige Anstrengung. Die Einladung zum gerühmt-gefürchteten Quiz nahmen vier Teams an. Eine Antwort auf eine Frage wäre zu einfach gewesen. Deshalb hatte der Quizmaster komplizierte, aufeinander aufbauende Rätselkonstrukte und simultane Herausforderungen aller Beteiligten vorbereitet, u.a. akustische Kopfnüsse wie die zeitliche Zuordnung diverser Beatles-Songs oder das Erkennen der Titelmelodien alter TV-Serien. Die Gruppe II machte das Rennen. Die mir am nächsten sitzende Truppe um Pezi K. strengte sich mächtig an, was verdient mit einer guten Platzierung belohnt wurde. Das alles muss in der Vorarbeit sehr aufwändig gewesen sein. Bereits tags zuvor hatte ich vorsichtig nachgefragt, wie lange das Erstellen der mannigfaltigen ClubCards beansprucht hatte. Das mache er nebenbei, antwortete der Kontakter, beim Fußballgucken. Vor meinem inneren Auge sehe ich Herrn Schäfer mit glasigen Augen das Spiel im Fernsehen verfolgen, während er händisch Kärtchen en gros fabriziert. Mit den Füßen tippt er an der Nachbarin weiter, diktiert "nebenbei" schnell den Kontakterbericht auf Band, währenddessen sein Planhirn neue Strategien austüftelt, wie man den ACD an die Börse bringt. Wach hält ihn eine intravenöse 5-Liter-Coke-Infusion. Quo vadis, Rüdiger? Nicht der Club, sondern Du? Der Quiz gab u.a. Gelegenheit, die Behauptung bezüglich zehn Kilo Gewichtsreduzierung zu verifizieren. Die Silhouette hob sich deutlich gegen das helle Rechteck des Gebäudeeingangs ab. Es stimmt. Zwar ist noch Bauch vorhanden, doch der zeigte augenfällig weniger Schwerkrafttendenzen als noch in Sinzig. Weiter so! Der Beifall kommt etwas spät, aber das alles wirkte derart ergreifend auf die schlichte Seele, dass sich die Impressionen erst mal etwas setzen mussten. Leute meiner Art können von solchen Dingen gesundheitsschädigend schockiert werden. Der Selbsterhaltungstrieb ließ irgendwann nur noch stummes Staunen zu. Der Nachmittag bescherte a) den Bahnreisenden Klaus B., dessen Ankunft der Himmel mit 30 Sekunden Regen kommentierte. Wenn Engel reisen ...? b)Die aktuelle ENPUNKT-Ausgabe und eine großformatige Publikation zu den Chaostagen in Hannover, nebst eindrucksvoller Erläuterungen aus erster Hand/frickschem Mund. KDL breitete sich ClubCardlerisch aus - unter sukzessiver Erweiterung der Auslegefläche durch Okkupation angrenzender Tischsektoren. Hat er den ganzen Bestand aufgekauft um mit Wucherpreisen für seltene Ausgaben die Homepage zu finanzieren? Tüchtig, der Mann! Immer mehr Conbegeisterte strömten herbei, während die müde Sonne allmählich ihr Nachtlager suchte. Achim Sturm bemächtigte sich der Rolle des Clubauktionators. Doch bevor er seinem Kriegsnamen "Geldgeier aus Uelzen" gerecht werden konnte, hatten Elvira und Atlan (tatkräftig von Karl-Heinz-Barbara unterstützt) ihren unvergesslichen Auftritt. Geblendet von der Aura des Unsterblichen und dem silbernen Gewand (arkonidische Version des "kleinen Schwarzen") seines Faktotums, herrschte eine Sekunde ehrfürchtiges Staunen, doch alsbald brachen die Anwesenden angesichts ihres Clubpatrons in jubelnde Begeisterung aus. Dann, oh Schreck, fiel der Name des Erhabenen da Schäfer ... dem Kontakter gelang es nicht schnell genug unter dem Tisch verschwinden. Das schadenfrohe Johlen des sensationslüsternen Mobs weckte Erinnerungen an Schilderungen mittelalterlicher Schauprozesse. Die Posaune des jüngsten Gerichts schwenkend, beließ es Elvira jedoch gnädig bei der gestrengen Ermahnung, Atlan nie wieder als "Opa" zu bezeichnen. Die Erleichterung über diesen glimpflichen Verlauf stand dem nunmehr Geläuterten ins Gesicht geschrieben. Dann trieb Achim dem Publikum den Teufel ... äh, die Euros aus. Die Objekte kamen in Kilo-Paketen unter den Hammer, bzw. unter die ConKeule. GHU saß mir auf der Schulter und beriet mich über die besten Biete-Taktiken. Einzig bei Reinhards Zeichnung der Schönen vor spaciger Ruinenkulisse, einem Unikat, verzichtete ich aus Mitleid für den mitbietenden Rüdiger, der sich mit dem begehrten Stück offenbar sein angekratztes Ego kitten wollte. KDL schnappte sich die Gero-Überraschungsbox, Hermann R. drei Tonnen Bücher diverser Disziplinen. KNF wird sich die nächsten Monate durch zwei dicke Nietzsche-Wälzer quälen. Eine Runde Mitleid. Mit zwei Kartons alter Fanzines kehrte ich schwerer bepackter zurück als ich angereist war. GHU grunzte zufrieden. Mit ca. 180 € Versteigerungserlös legt die Clubkasse endlich wieder etwas Gewicht zu. Es folgte die Präsentation des "rumble in the jungle", der in Bild und Ton dokumentierte Kampf zwischen Obi Wan Grünobi und seinem Widersacher Darth Schaef. Trotz eines abgetrennten Kopfes kam glücklicherweise keiner der Beteiligten ernsthaft zu Schaden - wer braucht schon seinen Kopf? - so dass uns die Hoffnung auf den Con in Hildesheim 2004 erhalten bleibt. Zur Sicherheit habe ich schon mal angezahlt. Man weiß ja nie. Zur Beruhigung möchte ich noch hinzufügen, dass die beiden Laserschwert-schwingenden Kontrahenten sich nach der Auseinandersetzung mit einer brüderlichen Umarmung versöhnten. Friede, Freude, Bluterguss. Wer bis dahin nicht genug Grausamkeiten gesehen hatte, dürfte sich noch einen blutrünstigen Film reinziehen. Mich zog es zum Palavern nach draußen und später nach Schlummerland. Sonntagmorgen gab ich allen frühstückenden Suppenkaspern den Rüffel der Hotelbesitzerin weiter, sich am opulenten Büffet gefälligst angemessen zu verköstigen. Wie soll die Kultur gedeihen, wenn die Kulturgenossen von der erstbesten Windböe umgepustet werden? Das Land der Dichter und Denker braucht kräftige Eleven. Ein letztes Mal am Ort kultischer Begegnung war eine unterschwellige Schwermut nicht mehr zu übersehen. Die Arkoniden sprachen nur noch in gedämpftem Ton miteinander, sahen sich tief in die Augen, versprachen einander zu mailen, zu schreiben, irgendwie Kontakt zu halten. Ein paar salzige Abschiedstränen wurden heldenhaft im Augenwinkel zerdrückt. Dummerweise konnte ich aufgrund meiner Fanzines-Zuladung BiFi's Bitte nach Leerguttransport nicht entsprechen, aber glücklicherweise sprang der wie immer hilfsbereite KDL ein und erledigte die Fuhre. Rena zogs in heimatliche Gefilde, so dass wir gegen Mittag aufbrachen. Zu Hause flößte ich ihr noch eine Portion Koffein ein, bevor sie mit ihrem 150PS-Auto über die Autobahn fegte. Den restlichen Abend verbrachte ich damit, noch ziemlich aufgedreht zwischen den Zines und den ClubCarten hin undher zu jagen, immer wieder neue Schätze hebend. Mal ehrlich, sind wir nicht alle ein bisschen Intra? |
I went to a garden party to reminisce with my old friends A chance to share old memories and play our songs again When I got to the garden party, they all knew my name No one recognized me, I didn't look the same CHORUS But it's all right now, I learned my lesson well. You see, ya can't please everyone, so ya got to please yourself. (Rick Nelson: Garden Party) |
Bis Hildesheim 2004 werde ich mich jeden Abend in den Schlaf weinen. Ich bin ACDlerin. Rette mich wer kann! |