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I believe in Magic, my oh my

von Ernie

Der ACD-Jahrescon vom 06. - 08. August 2010 in Hildesheim

Obwohl ich - entgegen allem, was man Sachen Observationstechnik lernt - Stefan bei seinem Eintreffen im Wiesbadener Bahnhof mindestens 20 Sekunden lang intensiv anstarrte, geht er einfach vorbei. Entweder werden seine Augen immer schlechter oder ich hatte vergessen die BST1 auszuschalten. Für einem Moment stelle ich mir vor, à la Schlagersänger Christian Anders laut "Geh' nicht vorbei, als wär' nichts geschehen" zu schmettern2, begnüge mich angesichts der vielen Passanten im Bahnhof und der Gefahr einer Massenpanik durch meine akustischen Emissionen mit einem lässig-freundlichen Aufdieschultertippen.

Ein kurzer Augenblick des gegenseitigen Fremdelns, das letzte Treffen ist immerhin ein ganzes Jahr her, dann sind die fandomischen Bande ausreichend erneuert um die gemeinsame Fahrt gen Hildesheim anzutreten. Wir hatten ausreichend Zeit eingeplant, um unterwegs eine Kaffeepause zu machen, gegebenenfalls auftretende Staus mit entspannter Miene zu ertragen und um uns Auszumalen, wie schön es wäre mal wieder einen ACD-Con in der Mitte Deutschlands zu haben. Dem Kuhgraben wird mit einer Schweigeminute gedacht und auf der Autobahn / Höhe Kassel über das Befinden eines dort wohnhaften prominenten ACDlers spekuliert.

Vor Ort in Hildesheim / Naturfreundehaus kommen wir genau richtig, um uns in die Diskussion um die Conbatch-Verteilung und damit verbundene Identitätsfindung einzuschalten. Woher soll man wissen, wer man ist, wenn man nicht seinen personalisierten Batch trägt? Und welche psychologischen Auswirkungen hätte das Tragen eines Fremd-Batches?3

Kurz wird auf die Schummelei mit den Geburtstagen des ACD bzw. der Jubiläen eingegangen4. Zeitgleich finalisiert Converanstalter Gero G. souverän die Strichliste für die Getränke und nimmt dankbar den Vorschlag auf, Cola Zero mit sechs Euro auszupreisen. Die neuen Besitzer des Naturfreundehauses hatten entgegen der Vereinbarung plötzlich 300 Euro zusätzlich zu ausgemachten Bettenpreis bestanden. Das muss irgendwie wieder reinkommen.

Von diesen existenziellen Sorgen unbeleckt präsentiert Jörg D. alsbald sein erstes wirklich bedeutsames Confoto, das Grillfeuer des ACD-Cons 2010. Prompt wird die Idee einer Chronik der ACD-Grillfeuer geboren.

Rüdiger hat an "Format" gewonnen und berichtet selbstbewusst, dass er erstmals hat Atlan aufs T-Shirt drucken lassen; in ganzer Größe!

Congeplauder: Streicheln der Gemüter, sehr entspannend und verdauungsfördernd.

"Spaghetti Bolognese mit Kääääääse", lehrt mich Petra S., muss man sagen, wenn man fotografiert wird. Überhaupt: wer an einem ACD-Con teilnimmt verzichtet stillschweigend auf sein Recht am eigenen Bild.

Ich komme in den exklusiven Genuss einer vom Eigentümer persönlich kommentierten Fotoserie zu seinem Garten mit Bäumen und Kartoffelfeld in Mecklenburg-Vorpommern.

KDL erklärt sich selbst zum östlichsten ACD-Stützpunkt. Achim S. kommt geschniegelt und gebügelt in Ausgeh-Uniform5 und einem lädiertem Arbeitskoffer mit Vergangenheit. Dann wieder KDL mit einer Anekdote rund um die Eierschecke.

Häppchenweise geben die ACDler Geschichten & Kuriosa preis. Ich lausche, schaue, freue mich, dass alle so aufgekratzt sind und lasse mich von der Ausgelassenheit anstecken6.

Autos werden umgeparkt. Christine E. trifft ein. Die Anreise erfolgt in einem weißen Panzer mit Zusatzfunktion als Hotel-Pkw.

Irgendjemand schafft es, die richtigen Stecker zu verbinden und so die Blinker-Girlande auf der Terrasse zum Leuchten zu bringen. Stefan Haitel steht meiner Grillzange im Weg und macht sein personalisiertes T-Shirt dreckig7. Immer noch besser als sich beim Zusammenprall mit mir die Schulter zu brechen. Flocky ist übrigens krank8.

Zehn nach neun abends erheben sich alle Anwesenden anlässlich des Eintreffens von Antje B. und Petra K., genau wie ihr Navi es prophezeit hatte (die Ankunftszeit, nicht die gestischen Ovationen). Anstatt sich dann wieder zu setzen bleiben plötzlich alle stehen. Stefan stürzt sich an den Grill und entfacht die Glut des Grillfeuers neu. Undenkbar jemanden hungern zu lassen. Auch für Con-Neuzugang Herbert M. mit Giessener Kennzeichen reicht die Hitze zum Sattwerden.

Meinen Vorschlag zur Anwendung des "Pabjee Darmöni"9 gegen den feuchten Muff im Schaper-Familienzimmer wird angenommen. Petra S. ist von der kurzen aber wirkungsvollen, schamanistisch anmutenden Zeremonie fasziniert.

Malte S. erlernt derweil unter fachmännischer Anleitung die richtige Haltung und den korrekten Bewegungsablauf beim Gebrauch der Con-Keule. Juchu & Blitzlichtgewitter.

Da wir gerade beim Anstiften sind: auch ich habe Malte einmal angeflunkert, als ich ihm auf seine Frage nach "wasistdas" behauptete, die Zahnräder am Rand der abschüssigen Terrasse vor dem Naturfreundehaus seien die Überreste des Roboters, der das Naturfreundehaus erbaute.

Eröffnungsrede um kurz nach halb zehn abends, angekündigt mit Fanfare vom Band. Trotz dieses späten offiziellen Beginns hat Rüdiger den Text nicht vergessen. Er tut nur so als ob er abliest. Seine Ausführungen und Statements zu 25 Jahren ACD lassen keine Wünsche offen. Wer in seiner Begeisterung für Atlan und seinen Club schwankend war, der wurde mit den geschliffendsten Phrasen der Redekunst auf den rechten Pfad geführt.

Mit Absingen der Hymne "Hey, Atlan", erweitert um eine aktuelle Strophe, dankt das ergriffene Auditorium dem Kontakter für seine wohlgesetzten Worte. Um der stimmungsvollen Harmonie dieser Weise gerecht zu werden, hätte man die ACDler allerdings unter Berücksichtigung ihrer Stimmlagen etwas vorsortieren und im "Wohnzimmer" des Naturfreundehauses entsprechend platzieren müssen.

Nach diesem emotionalen Einstieg müssen alle erst mal wieder etwas "runterkommen". In diese Erholungspause hinein überrascht Nobby mich mit dem intimen Bekenntnis, er trinke Kaffee in drei Richtungen.

Dann das MNAD: zwölf Pax haben sich angemeldet. Ich mache auch mit, obwohl ich schon Stunden über die übliche Aufbleibzeit bin. Die erste Runde ist bereits um zehn nach zwölf fertig. Rüdiger S. holt sich einmal mehr den Titel. Es wird geflüstert, er habe extra mit einem Personal Trainer geübt. Ich weiß es besser. Der Trick ist: Millionen von Anschlägen für die Atlanromane in zig Stunden Fleißarbeit. Mindestens ein Dutzend Keyboards sind dabei schon drauf gegangen. Wer ihm die Meisterschaft irgendwann noch abringen will, der muss kräftig in die Tasten hauen.

***

Der nächste Morgen, Samstag. Sechs Uhr bin ich wach, döse aber noch eine Stunde im schlafstattähnlichen Gestell, dass die evolutionäre Lücke zwischen Bett und Hängematte schließt. Ich will Petra S. nicht zu früh aufwecken. Sie hat Malte das Bett in der Familienkemenate überlassen und hier im Zimmer 4 Zuflucht gefunden.

Mir wird bewusst, dass fast der ganze Con noch vor mir liegt.

Der Wellnessbereich für Damen im Untergeschoß des Naturfreundehauses hat neben altrosafabenen "Kleine Wolke"-Vorlegern aus den Siebzigern jede Menge achtäugiges und achtbeiniges Publikum zu bieten, das sich an Unmengen Fliegen und sonstigem Krabbelzeugs satt und fett gefressen hat. Unschwer zu erkennen an zahlreichen ausgesaugten und vertrockneten Leichen unterhalb der Gespinst-Paläste. Mit häufigem Kopfdrehen halte ich die Zuschauer möglichst alle im Blick, unter optimaler Nutzung des zwar geringen, dennoch vorhandenen faunafreien Bereichs unterhalb der traurig tröpfelnden Brause. Nach Beendigung der Peepshow in rekordverdächtiger Zeit folge ich dem verlockenden Duft, der aus der Küche dringt.

Die Kaffeemaschine im Naturfreunde ist eine extra Erwähnung wert. Eigentlich "nur" Filterkaffee, aber gleich viele Tassen bzw. Becher auf einmal rinnen durch einen großen runden Filter. Und sieh hält das Gebräu sehr lange heiß. Die einfache Handhabung ist schnell abgeguckt. Die nächste Koffeindepotfüllung übernehme ich.

Mit zwei Käsebrötchen inklusive Senfgarnierung und einem weiteren Becher voll delikatem Milchkaffee mache ich's mir auf der Terrasse gemütlich. Frühstück im Freien, die Sonne blinzelt durch die Wipfel der Bäume. Der pure Luxus. Derart von innen und außen gewärmt wandern die Gedanken ... zu einem dada-Gedicht. War's von Kästner? Weiß nicht mehr. Sinngemäß: zwei Eichenwurzeln im Wald. Die eine sagt knig, die andere knag. Das ist genug für einen Tag.

Gero und Rüdiger sind ebenfalls schon auf. Sie petzen, Erik würde in verschiedenen Tonlagen schnarchen, mit unverständlich gebrabbelten Einlagen. Na, gebe ich zu Bedenken. immerhin ist er von Pressesprecher. Er identifiziert sich mit seinem Beruf.

Familie Kessel trifft ein und wird mit lautem Hallo begrüßt.

Das Papier, auf dem ich mir Notizen für den Conbericht mache10, fühlt sich so aufgeweicht an wie vor einigen Jahren in der feuchten Schwüle Thailands. Das Naturfreundehaus steht zweifellos kurz vor der Übernahme durch die ersten beiden Silben seines Namens. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass einer der das Anwesen dauerhaft besuchenden Siebenschläfer in die aufgestellte Lebend-Falle gegangen ist. Der oder die Kleine11 hechtet im Fallenkäfig hin und her. JöDi tut was die anderen rund herum denken, nämlich das Tier im Wald wieder freilassen.

Zurück von der kleinen Wanderung fragt Rüdiger, ob der Siebenschläfer ihn beim Öffnen der Fallentür mit großen, dankbaren Augen angesehen hat; so wie man es aus Tierfilmen kennt. Nein, erwidert Michael H. Er hat ihm den Stinkefinger gezeigt, wie man es von Nagetieren kennt.

Immerhin hat JöDi ob dieser Aktion einen begeisterten Fan gefunden. Eine kleine Zecke hat ihn so gerne, dass sie sich an seinem Knöchel festkrallte.

Als fast alle auf sind, gibt's eine ACD-Geburtstagstorte, die Rüdiger liebevoll mit altarkonidischen Emblemen und Schriftzeichen verzierte. Es handelt sich mitnichten um ein verlaufenes "Happy Birthday ACD". Dieses ebenso böse wie falsche Gerücht wurde aber leider nicht schnell genug dementiert.

Fußball auf Bänken mit drei Teams (keine Mannschaften, waren nämlich auch Frauen dabei). In drei Spielen einmal verloren und einmal gewonnen ergibt Platz 2 in der Rangfolge. Die Sache mit dem Bande-Spielen hatte ich nach einiger Zeit ganz gut raus. Hat Spaß gemacht. Unvergesslich wird mir Nobbies eindringliches Stürmer-Mantra in Ballbesitz und angesichts der letzten Bastion vor dem Tor bleiben: gehreingehreingehrein!

Klar wird danach wieder gegrillt und weiter geklönt.

Für KDL habe ich die im letzten Jahr ersteigerten Pezi-Werke mitgebracht. Er darf sie nun ein ganzes Jahr in seiner Wohnung präsentieren. Das Jahr darauf bin ich wieder dran. Häppchenweise erzählt er von seinem Dasein als Neu-Dresdner, z.B. dass er schon Leute gesehen hat, die auf der Elbe-Brücke saßen und angelten. Er fragt sich, was man wohl in der Elbe angelt? "Elben", kommt prompt die Antwort von Nobby.

Wolfgang M. mit dem Giessener Kennzeichen erzählt noch ein bisschen von seinem Beruf, dass er trotz seiner siebzig Lenze noch viel und oft unterwegs ist; berichtet von der Familie und dass er Perry-Leser der ersten Stunde sei, sprich: ab dem ersten Heft. Das war keine Vernehmung. Das hat er alles ganz freiwillig erzählt, ohne Daumenschrauben.

Nächster Programmpunkt ist der Quiz. Rüdiger hat viel mehr Kategorien und Fragen vorbereitet als tatsächlich dran kamen. Anfangs lag unser Team noch recht gut auf dem zweiten Platz, doch die beiden letzten Runden überholte eine andere Gruppe überholt. Waren nicht unsere Themen. Pech gehabt.

Filmpremiere und gleichzeitig letzte Aufführung von "Der Plan der Akonin", mit einen kräftigen Schuss Kosmologie von Sagan als Einstieg vorweg. Atlan hat natürlich die holde Weiblichkeit im Blick, diesmal sowohl als Verbündete und Mitstreiter als auch als Gegner. Atlans kesser Hüftschwung entlockt den Zuschauern gleich zu Beginn ein herzhaftes Lachen. Die Frauen im All könnens sogar noch besser. Ein Katastrophenszenario und die scheinbare Niederlage unseres Helden werden ausführlich und bildgewaltig zelebriert, doch schließlich gibt's ein zumindest vordergründig glückliches Ende; mit Atlan in kompletter Kampfmontur am Strand, die Schöne neben ihm im Bikini. Allzeit bereit nennt man das. Letzte Szene, der Cliffhanger - eine Fortsetzung soll's trotzdem nicht geben. Dankbarer Applaus für die vielen Stunden Arbeit, die in dieses Projekt gesteckt wurden, nur damit die Congänger das einmal sehen durften.

Neben den Film gab's übrigens eine weitere Premiere. Kurt D. bringt erstmals anstatt eines Pausenbrotes was zum Grillen mit. Das geht in die Geschichte ein.

Vor der Versteigerung werden Urkunden an An- und Abwesende verteilt, z.B. an die liebe "Claudiadienichtdaist", und die ihren Linus wieder mit nach Hause genommen hatte. Immerhin hatte Malte für ein paar Stunden einen Spielkameraden, mit dem er toben konnte.

Ebenfalls noch vor der Versteigerung die Frage von Achim, mit einem verzweifelten Blick auf den Berg an Versteigerungsgut: "Hat sich noch niemand gemeldet, der alles mitnimmt?".

Das erste Überraschungspaket geht an Stefan K. Es kommt von Pezi und beginnt mit einem Gedicht für und über den ACD. Erst andächtige Stille, dann tosender Beifall. Sarelas Paket, das leider bei Kurt noch nicht eingegangen war, geht unbesehen für ganze achtundzwanzig Euronen weg. Der Knaller war Robert M., der sich mehrfach selbst überboten hat. Ein Fuchs, der Robert.

Der Consamstag ist fast vorbei. Es droht schon der nahe Sonntagmorgen, doch zum Ausklang des wunderschönen Tages wird mit einem Glas Sekt in der ermatteten Pfote auf das Jubiläum angestoßen und die Flämmchen bewundert, die sich durch die Brennpaste zum Logo "25 Jahre ACD" durchfressen. Feierliche Wehmut weht durch das Naturfreundehaus in Hildesheim und die Herzen.

Das ist pure Magie, ich fühle es.

***

Sonntag. Nochmal ausgiebig Kaffee. Aufräumen. Bezahlen. CD mit den Fotos abgreifen. Umarmen und Abschied nehmen. Heimwärts.

ACD-Con 2010

Einen Zellaktivator kriegt man übrigens schneller, als man bis fünf zählen kann. Warum Perry & Co. soviel Zeit und Energie für die Suche in der ganzen Galaxie aufwenden mussten, bleibt wohl für immer ein kosmisches Rätsel.


1 BST - Body-Stealth-Technology; zu Zeiten der ollen Nibelungen auch schlicht Tarnkappe genannt.

2 Eindeutige Symptome von Überarbeitung

3 Sollte das jemand zum Thema seiner Doktorarbeit in Psychologie oder Soziologie wählen, hätte ich gerne eine Kopie der Ausarbeitung für die nächsten Intras;

4 "20 Jahre ACD" bedeutete nicht, dass der ACD schon 20 Jahre bestand

5 (Arbeits-) Anzuch eines Versicherungs-ACDlers.

6 Keine Sorge, Gero. Der ACD hat glücklicherweise auch Platz für stille Genießer.

7 Alles eine Frage der Perspektive.

8 Gute Besserung Dr. B.! Die Ausrede gilt beim nächsten Mal nicht mehr :)

9 richtig: Papier d'Armenie (armenisches Papier); gibt's bei www.panda.de

10 Habe das Diktiergerät auf der Arbeit vergessen. Die monatelang angekündigte Veranstaltung kommt immer so überraschend. Handtuch hatte ich übrigens auch vergessen.

11 So genau konnte man das nicht erkennen.

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